Regelmäßig waren in den letzten Jahren in Deutschland über 200.000 Ehescheidungen pro Jahr mit jeweils durchschnittlich 170.000 davon betroffenen Kindern zu verzeichnen. Seit 1990 hat sich die Zahl der betroffenen Minderjährigen um drei viertel erhöht. Trennung und Scheidung der Eltern sind für die beteiligten Kinder häufig mit traumatischen Folgen verbunden. Insbesondere wenn Eltern nach erfolgter Trennung dauerhaft streitend und destruktiv miteinander umgehen, haben verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen bei den betroffenen Kindern in hohem Maße seelische Beeinträchtigungen und Langzeitschäden in verschiedensten Verhaltensbereichen festgestellt.
Umgekehrt fällt allgemein Kindern die Anpassung an die Nachscheidungssituation leichter, wenn sie in re-gelmäßigem Kontakt auch zu dem Elternteil stehen, bei dem sie nicht leben, und wenn sich die geschiedenen Partner in Erziehungsfragen einig sind. Durch regelmäßige Besuchskontakte können diese allmählich als Alltagssituationen erlebt werden und kann die emotionale Bindung an den abwesenden Elternteil aufrecht-erhalten werden.
Neben den Eltern kommt auch den im Scheidungsgeschehen beteiligten Institutionen und Professionen eine hohe Verantwortung für die betroffenen Kinder zu. Hierbei ist insbesondere eine gelungene Kooperation zwischen den Beteiligten Voraussetzung für dem Kindeswohl förderliche Entscheidungen. Vor diesem Hin-tergrund haben sich das Kinder- und Jugendamt der Stadt Heidelberg, das Familiengericht, die von städtischer Seite finanziell bezuschussten und in diesem Aufgabenfeld tätigen Beratungsstellen, sowie der Anwaltsverein Heidelberg e.V. auf ein Kooperationsmodell verständigt, das Eltern, die sich in einer konflikthaften Trennungs- oder Scheidungssituation befinden, in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen bei der Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung stärken soll, sowie ihnen Unterstützung bei der Entwicklung von dem Wohl ihrer Kinder entsprechenden Regelungen anbietet.
Grundsätzlich teilt das Familiengericht in Scheidungsverfahren dem Jugendamt nach § 622 Zivilprozess-ordnung (ZPO) mit, wenn minderjährige Kinder in der Familie leben, damit dieses die Möglichkeit hat, möglichst frühzeitig Beratungsleistungen anzubieten. Das Jugendamt setzt sich daraufhin mit den Eltern brieflich in Verbindung und weist gemäß § 17 SGB VIII auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. In Verfahren, die die Person eines Kindes betreffen, soll das Gericht nach § 52 Abs. 1 FGG (Gesetz über die Angelegen-heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) die Beteiligten so früh wie möglich anhören und ebenfalls auf ent-sprechende Beratungsmöglichkeiten hinweisen.
Das Gericht hat zudem nach § 52 Abs. 2 FGG die Möglichkeit, das Verfahren zugunsten außer-gerichtlicher Beratung auszusetzen, soweit dies nicht zu einer für das Kindeswohl nachteiligen Verzögerung führt. Auch im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens nach § 52 a FGG verweist das Gericht auf die Möglichkeit der Be-ratung durch die Träger der Jugendhilfe. 2
In gerichtlichen Verfahren, die Angelegenheiten der elterlichen Sorge betreffen – so auch in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren bei getrennt lebenden oder geschiedenen Elternteilen – hat das Jugendamt gemäß § 50 SGB VIII mitzuwirken. Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Das Jugendamt hat die Aufgabe, das Gericht über angebotene bzw. erbrachte Leistungen zu unterrichten, erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes bzw. Jugendlichen einzubringen und auf weitere Hilfemöglichkeiten hinzuweisen. Die Mitwirkung dient dazu, das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung zu unterstützen und die Berücksichtigung von Kindeswohlaspekten bei der Entscheidung zu gewährleisten. Der Blick des Jugendamts rich-tet sich hierbei vor allem auf den Hilfe- und Entwicklungsprozess während und nach dem gerichtlichen Ver-fahren.
Ein wichtiger Bestandteil im Jugendhilfeangebot der Region und Teil des sozialen Netzes sind die Erzie-hungsberatungsstellen, sowie die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen. Neben der Unterstützung in Erziehungsfragen sowie bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrundeliegenden Faktoren kommt den Beratungsstellen die Aufgabe zu, Kinder, Jugendli-che, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei Trennung und Scheidung zu unterstützen ( vgl. § 28 SGB VIII ).
Im weiteren soll gemäß § 17 SGB VIII das Beratungsangebot helfen,
1. ein partnerschaftliches Zusammenleben in der Familie aufzubauen,
2. Konflikte und Krisen in der Familie zu bewältigen, und
3. im Falle der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendli-chen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen.
Gemäß § 17 Abs. 2 sind Im Falle der Trennung oder Scheidung Eltern unter angemessener Beteiligung des betroffenen Kindes oder Jugendlichen bei der Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahr-nehmung der elterlichen Sorge zu unterstützten; dieses Konzept kann auch als Grundlage für die richterliche Entscheidung über das Sorgerecht nach der Trennung oder Scheidung dienen.
Das in den Beratungsstellen vorhandene sachliche und methodische Spezialwissen bietet in so fern die Vor-aussetzungen für Beratung bei Partnerproblemen, Entscheidungshilfen bei Trennungsabsichten, Hilfen in der Trennungs- und Nachscheidungsphase – auch bei Regelungen des Sorge- und Umgangsrechts –, Unterstüt-zung der Eltern bei der Fortführung der Elternschaft und Konfliktverarbeitung für Kinder, sowie in Einzelfällen beim begleiteten Umgang. Neben der Beratung, die in erster Linie auf eine Unterstützung der Eltern bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Regelungen zielt, bieten manche Beratungsstellen Eltern auch eine Mediation an. Diese ist als ein zielgerichteter, problemlösender Prozess zu verstehen, in dem die Kon-fliktparteien eine Vereinbarung aushandeln sollen, die die im allgemeinen auf unterschiedlichen Ebenen be-stehenden Probleme in einer für alle annehmbaren Weise löst. Neben speziellen Beratungsstellen bieten auch verschiedene frei beruflich tätige, ausgebildete Mediatoren - kostenpflichtige - Scheidungsmediation an.
Eine wichtige Bedeutung kommt im Trennungs- und Scheidungsverfahren den beteiligten Rechtanwältin-nen und -anwälten zu. Diese sind von den Elternteilen beauftragte rechtliche Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Hierbei haben sie die Pflicht, die Interessen der Mandanten mit Nachdruck und durchaus einseitig zu vertreten. Im Scheidungsverfahren können die beteiligten Anwälte einen erheblichen Einfluss darauf nehmen, ob sich die Spannungen zwischen den Ehepartnern im Verlauf des Verfahrens ver-stärken oder vermindern. Sie können dem tatsächlichen oder vermeintlichen Druck erliegen, erfolgreich sein zu müssen, um das Vertrauen der Klienten nicht zu verlieren, so dass sie alle juristischen Möglichkeiten aus-zuschöpfen versuchen. Gerade Sorgerechts- und Umgangsregelungen eignen sich im besonderen dazu, den Partnerkonflikt mit anderen Mitteln fortzusetzen.
Eine eher am gesamten Familiensystem orientierte Sichtweise impliziert, dass die rechtsanwaltliche Vertre-tung der Interessen des Mandanten auch die Bedeutung der einzelnen Handlungen für die Prozesse in der Familie berücksichtigt und insbesondere im streitigen Verfahren darauf achtet, dass die betroffenen Kinder nicht für den Machtkampf der Eltern missbraucht werden. Des weiteren ist die Mandantenvertretung in die-ser Hinsicht mit der Zielsetzung verbunden – beispielsweise durch Absprachen der Anwälte/innen unterein-ander oder durch Angebote im Rahmen der Mediation – möglichst einvernehmliche Lösungen zu erreichen.